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Scheidungskinder

Manche Eheleute streiten sich um die Kinder, so als wären sie Gegenstände die mir „gehören“ und wollen sie dem anderen entziehen.

 

Trennung4 

Bei der Trennung/Scheidung einer Ehe mit Kindern gibt es immer zwei Ebenen, die deutlich voneinander zu trennen sind. Die erste Ebene ist die horizontale, die Beziehung der Eheleute zu einander. Diese Beziehung entstand aus einem freien Vertrag der beiden miteinander.

Sie kann zu Ende gehen: eine Frau will Ihren Mann nicht mehr als ihren Mann und ein Mann will seine Frau nicht mehr als seine Frau. Für diesen Fall hat unser Familienrecht vorgesehen, dass eine Ehe geschieden werden kann. Die zweite Ebene ist die vertikale, die Beziehung der Eltern zu ihren Kindern. Diese entstand auf natürlichem Wege ohne einen beiderseitigen Vertrag. Sie kann deshalb (außer in besonderen Ausnahmefällen bei der Adoption) nicht aufgelöst werden.

 

Elternteile sind auch nicht „austauschbar“. So manche allein erziehende Mutter, oder was noch recht selten ist, ein allein erziehender Vater findet einen neuen Mann oder eine neue Frau. Dies ist auch im Familienrecht möglich. Die Frau kann den neuen Mann heiraten und ihn damit zu „ihrem“ Mann machen, der Mann kann die neue Frau heiraten und sie so zu „seiner“ Frau machen. Diese neuen Partner können aber niemals der neue Vater oder die neue Mutter für die Kinder aus der alten Beziehung werden.

 

Ich muss oft einen Elternteil, der heftig über den anderen Elternteil schimpft, darauf hinweisen, dass nun mal sie selbst diesen Partner als Vater oder Mutter ihrer Kinder ausgewählt haben. Das Kind hatte keinen Einfluss. Selbst wenn sie diese Entscheidung nun bereuen und denken, sie hätten einen Fehler gemacht, mit dieser Frau, mit diesem Mann ein Kind zu haben, so stellt sich das für das Kind ganz anders dar: Nur mit diesen Eltern ist es geworden! Wenn nicht diese beiden sich zusammen getan hätten, würde es dieses Kind nicht geben. Es verdankt ihnen beiden sein Leben.

 

In jedem Kind sind nun also beide Elternteile vereint. Wenn ich einem Kind vermittele: „Dein Vater ist schlecht!“ oder „Deine Mutter ist eine Betrügerin!“ dann sage ich zu dem Kind stets auch indirekt: „Auch du bist zur Hälfte schlecht oder eine Betrügerin!“. Wie anders klingt es für das Kind, wenn vermittelt wird: “Auch wenn wir uns jetzt nicht mehr verstehen – es ist der beste Vater/die beste Mutter, den/die ich für Dich finden konnte!“

 

Unser Familienrecht geht davon aus, dass sich ein Kind nur dann gesund und gut entwickelt, wenn es beide Eltern hat. Und dies ist ein Recht des Kindes (auf gesunde Entwicklung) und nicht ein Recht der Eltern auf Umgang mit dem Kind. § 1684 I BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) regelt dies ganz deutlich:“ Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt“ (Hervorhebungen durch Verfasser). Deshalb überrascht auch nicht die Regelung des Absatz II: „Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert“.

 

Was bedeutet dies alles nun konkret im Alltag einer Ehe, die gescheitert ist, wo die Gefühle hochkochen, wo Eifersucht, Schmerz, Trauer, gegenseitige Verletzungen und Wut noch an der Tagesordnung sind. Wie kann hier der gegenseitige Respekt wieder aufleben, der für eine „vernünftige“ Kommunikation gebraucht wird. Diese ist notwendig, weil beide Elternteile weiterhin für das Wohl ihres Kindes, ihrer Kinder verantwortlich sind. Ohne gemeinsame Kinder könnten sie einfach gehen, den anderen niemals wieder treffen und die noch offenen Emotionen allein bearbeiten. Die Kinder verlangen, dass ein Mindestmaß an Achtung und Respekt für diese Aufgabe wieder gefunden wird. Das müssen wir von den Eltern erwarten und fordern.

 

Der Schlüssel liegt meiner Meinung nach im Umgang mit dem Kind bzw. mit den Kindern. Es ist wichtig, sie als Kinder zu sehen, zu spüren, dass sie mit der Trennung nichts zu tun haben, sie es schwer genug haben, und sie natürlich wollen, dass Mama und Papa wieder gut miteinander sind. Sie müssen aus der Geschichte der Eltern herausgehalten werden. Was wer über wen denkt, geht die Kinder nichts an (Sie wurden ja auch nicht zu Beginn der Beziehung gefragt). Sie müssen natürlich erfahren, was sie betrifft: “ Papa zieht aus! Wir bekommen eine neue Wohnung und werden dort ohne Mama leben!“

 

Wenn es also so schwierig geworden ist, den früheren Partner zu achten, so können Sie ihren früheren Partner in den Kindern achten. Erlauben Sie ihre frühere Liebe für den anderen Elternteil in dem gemeinsamen Kind wieder aufzuleben.

 

Wie kann unser Rechtssystem hier helfen? Auf vielerlei Art und Weise. Es gibt ein eigenes Familiengericht. Familienrichter sind besonders ausgebildet und helfen bei der Lösung der Probleme. Daraus sind inzwischen verschiedene Modelle entstanden, die ich hier nur andeuten möchte, die aber auch von den beteiligten Rechtsanwälten weitere Fortbildungen erfordern:

  • In Cochem z.B. müssen sich die Eltern irgendwie einigen. Die Richter und Rechtsanwälte verweigern die Mitwirkung bei streitigen Kämpfen.

  • Es gibt das „Nest“ –Modell, wobei die Kinder in der vertrauten Umgebung bleiben und abwechselnd von beiden Eltern dort betreut werden. So wohnen einmal Mutter und dann Vater bei den Kindern und ziehen sich in der anderen Zeit aus dem „Nest“ zurück.

  • Beide Eltern schaffen neue „Nester“ und die Kinder leben abwechselnd bei dem einen und dem anderen. Dies ist natürlich nur möglich, wenn Schulkinder von beiden Wohnungen aus zur Schule gehen können.

  • Das alles verlangt eine Planung in weiten Bereichen. Die Arbeitssituation und damit die finanziellen Möglichkeiten müssen mit berücksichtigt werden.